Gastbeitrag: Digitalisierung mit einer Dreijährigen – alles ganz entspannt

Nichts bringt mir das eigene Alter ja so rasend schnell zurück ins Gedächtnis wie die Frage: „Und, wie alt warst Du, als Du Dein erstes Smartphone bekommen hast?“ Ok, Butter bei die Fische: Wir schrieben das Jahr 2007! Ja, die Mittzwanziger waren süß, die Stadt voller Möglichkeiten und mein erstes iPhone fiel mir eher zufällig in die Hände. Tja, und heute, unfassbare zehn Jahre später haben bereits mehr als ein Drittel aller Sechs- bis Neunjährigen ein internetfähiges Telefon. Das ist einerseits die total verrückte Seite der Digitalisierung. Gleichzeitig aber auch eine große Chance – sofern man seinen Kindern die entsprechenden Kompetenzen behutsam mit auf den Weg gibt.

Meine eigene Mediengeschichte

Als Vater einer heute dreijährigen Tochter frage ich mich täglich, ob ich überhaupt der Richtige bin? Kann ausgerechnet ich einem Kind den maßvollen Umgang mit Smartphone und digitalen Medien lehren? Spulen wir das Band doch ruhig mal für einen Moment zurück…

Seitdem ich sechs, sieben oder acht Jahre alt bin, sitze ich vor der Mattscheibe – Computer, Konsole, Fernseher. Ich bin mit C64 und PC genauso groß geworden wie später noch einmal mit dem Internet. An die Hand genommen hat mich indes niemand. Nein, als Grundschuljunge wachte niemand hinter mir, wenn ich vor dem Computer saß. Niemand, der ein Auge auf meine Spielauswahl, geschweige denn auf meine Spielzeiten hatte. Niemand, der nach dreißig Minuten oder zwei Stunden mahnend den Zeigefinger erhob und zu mir sagte: „Jetzt ist es aber Zeit für das echte Leben, junger Mann!“ Und heute, viele Nächte später, sitze ich noch immer hier. Graue Haare hier und da, die eine oder andere Falte mehr. Ja, vieles hat sich seit damals natürlich verändert. Vor allem aber eines: Die schier endlose Verfügbarkeit des Internets. Sofern man von dem Funkloch das sich „Regionalbahn“ nennt einmal absieht.

Mediale Kompetenz leben und lehren

In unseren eigenen vier Wänden hingegen umgibt das Internet uns förmlich in jeder Sekunde. Nur dass meiner kleinen Tochter dies noch gar nicht bewusst ist. Für sie ist genau das ja völlig normal. Videos auf dem Smartphone? Völlig normal. Bunte Kinderspiele? Völlig normal. Sprachassistentin Alexa… man ahnt es, ja, völlig normal. Fast jedenfalls, denn mit den Sprachbefehlen hapert es manchmal noch – und das ist auch irgendwie gut so. Alles eben zu seiner Zeit, ne.

Mindestens genauso normal ist es aber auch, dass wir diese medialen Momente gemeinsam erleben. Eine Dreijährige mag es als normal empfinden, manchmal magische Bildchen in ihrer Hand zu halten. Medienkompetenz erlernt sie hingegen nur mit mir – und nicht von allein. Laut aktueller BLIKK-Studie zum Thema Mediennutzung nutzen übrigens „70 % der Kinder im Kita-Alter […] das Smartphone ihrer Eltern mehr als eine halbe Stunde täglich.“

Ob angeleitet oder nicht, das gibt die Statistik leider nicht eindeutig her. Ein Kinderpsychologe sagte hingegen mal zu mir: „Kinder sind wie Wasser“. So sehr man Wasser auch laufen lassen sollte, so sehr braucht es auch Richtung und Grenzen. Ich bin nur eigentlich gar kein Freund starrer Regeln. Auch mag ich keine Zeitkontingente oder sogenannte Mediennutzungsgutscheine. Ich vertraue vielmehr meinem Gefühl. Das Smartphone am Esstisch? Nein, das kann nicht richtig sein. Nur mal so als Beispiel.

Klar ist, meine Tochter verbringt pro Woche maximal insgesamt 30 Minuten mit meinem Smartphone – und zwar beaufsichtigt. Gern könnten es auch mehr sein, denn digitale Medien gehören mindestens genauso zu unserer Lebenswelt wie das Einkaufen im Supermarkt, im Stau stehen oder die verregneten Sommerferien auf Balkonien. Noch aber hat meine Tochter einfach zu viele andere Interessen, als dass sie ihre Zeit am Smartphone oder Tablet ausweiten wollen würde. Auf der Couch herumspringen oder sich Bücher vorlesen lassen, zum Beispiel. Draußen schaukeln oder eben ihre Kuscheltiere in einer virtuellen Praxis versorgen.

Erlebnisse schaffen oder: Mediale Fürsorge

In meiner eigenen Kindheit waren Computer und Medien eine sichere Methode, mich abzustellen bzw. ruhigzustellen – so viel weiß ich heute. Und so ganz verurteilen möchte ich das nicht, sofern es nicht zur Dauerlösung wird. Als Vater möchte ich dies indes nicht. Zumal mittlerweile ja eindeutig erwiesen ist, dass ein übermäßiger Medienkonsum bei unter Sechsjährigen signifikant zu motorischer Hyperaktivität sowie Sprachentwicklungsverzögerungen führt. Das ist ja auch völlig logisch: Wer auf die Mattscheibe starrt, spricht weniger, baut aber gleichzeitig körperliche Spannung auf, die irgendwann eben reguliert werden muss.

Mir persönlich geht es bei allem schlichtweg darum, mit meiner Tochter Erlebnisse zu schaffen. Gemeinsame Erlebnisse schaffen Zusammenhalt und lassen den Alltagsstress vergessen. Ob dies nun das samstägliche Im-Bett-liegen-bleiben ist oder ein irre-lustiges Lernspiel auf dem Tablet. Das ist mir doch gar nicht so wichtig – es kommt eben auf die Balance an. Oder wie Experten sagen: auf die ausgewogene Medienfürsorge. Zu dieser Balance, bzw. Fürsorge gehört übrigens auch, dass ich selbst nicht ständig vor der Flimmerkiste kauere, während meine Tochter im Zimmer herumwuselt.

Erlebnisse schaffen – in der realen wie virtuellen Welt

Allerdings gibt es zwischen diesen beiden Welten, also der realen wie der virtuellen ganz wunderbare Schnittstellen. Wer sagt denn, dass das eine das andere ausschließe? Nicht von ungefähr haben besonders in den letzten beiden Jahren Brettspiele wieder enorm an Bedeutung gewonnen. Während es nämlich im Bereich Kinderbuch schöne Verquickungen von Bildergeschichte und interaktivem Inhalt gibt, so findet sich ähnliches auch beim Brett- bzw. Kartenspiel. Zugegeben, meine Tochter kann mit ihren drei Jahren nicht unbedingt zwei Medien gleichzeitig verarbeiten. Mir gefällt die Idee dennoch, dass eine nicht gegen das andere auszuspielen, sondern es sich ergänzen zu lassen. Sich der virtuellen Welt spielerisch nähern, wenn man so will.

Vor einiger Zeit schon haben die Shuffle Cards von Altenburger Spielkarten bei uns Einzug gehalten. Derzeit zwar noch als Erwachsenen-Entertainment. Die Möglichkeit aber, auch unterwegs mal ganz entspannt Brettspiel mit Smartphone-App verbinden zu können, das ist schon ganz schön cool – Sounds und Animationen inklusive. Wer übrigens schon einmal versucht hat, während der Autofahrt den Shuffle-Klassiker „Wer ist es“ zu spielen, wird wissen, was ich meine.

Und die Moral von der Geschicht’? Alles doch eigentlich ganz einfach oder nicht? Wer übrigens mehr über die erwähnte BLIKK-Studie erfahren möchte, bitte hier entlang: www.stiftung-kind-und-jugend.de/projekte/blikk-studie/

Auch mit dem Projekt „Schau hin“ habe ich bereits gute Erfahrungen gemacht. Auch hier geht es darum, wie man Kinder bis hin zum Erwachsenenalter eigentlich an Internet, soziale Medien und Datenschutz heranführt: www.schau-hin.info

Euer Johnny

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